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Tagebuch 25. Oktober 1950
Um die Mittagszeit bestieg ich einen Zug nach Mokameghat
am Ganges. Ich habe ein ganzes Schlafwagen-Abteil der Ersten Klasse für
mich allein. In unglaublich saftigem Grün sprießt der Reis
aus den überschwemmungen des Monsun. Die flirrende Sonne glitzert
von den Brackwassern, glänzt von den Halmen der sich in unendliche
Weite erstreckenden, sacht wogenden Felder. Frauen in goldenem Schmuck,
in rubinroten und feurigorangen Saris bücken sich zur Arbeit. Welche
Anmut - und welche Achtung vor jedem einzelnen Tag, sich auch für
die alltäglichste Mühe herzurichten als gelte es etwas Großes
zu feiern. Wir im Westen, wir nehmen die Arbeitswoche so oft als ein notwendiges
übel zwischen Sonntag und Sonntag.
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Oktober
1950 November 1950
24. | 25.
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| 29. | 30.
| 31.
Reduzieren wir uns auf diese Weise nicht auf ein
mageres Siebtel unseres ganzen Daseins? Sollte man nicht eher das Leben
zelebrieren, jeden einzelnen Tag, in allen Beschwernissen, in allen Mühen?
Hier, bei diesem Anblick scheint es mir ein Fehler, sich Tage vorüberzuwünschen
auf ein fernes Ziel hin. Und ich bedaure, dies je getan zu haben ... Und
doch bin und bleibe ich Europäer, denn in dem Moment, in dem ich
diese Zeilen schreibe, packt mich schon wieder die Unruhe und ich fiebere
dem Morgen entgegen. Wann werde ich endlich Nepal erreichen? - Das verbotene
Königreich! Den Himalaya ...
Nächster
Tag...
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